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Team Légèreté e.V. Verein für Pferdesport in Harmonie und Leichtigkeit klassisch, iberisch, barock

Petra

Schon als junges Mädchen wurde ich vom Pferdevirus erwischt. Warum? Unerklärlich! Kannte ich Pferde doch nur aus Bilderbüchern... 

Als ich sieben Jahre alt war, bekam ich zu Weihnachten eine Zehnerkarte Reitstunden geschenkt - und war überglücklich. Von da an war ich für Jahre fast täglich im Reitstall. Nach einigen erfolgreich absolvierten Reitabzeichen kehrte ich der dauerhaften Boxenhaltung jedoch den Rücken. Ich wollte mehr über Pferde wissen und fing an, mich um ein traumatisiertes, halb blindes Pony in der Nachbarschaft zu kümmern, das als unreitbar galt. Ohne Wissen und Erfahrung, aber mit viel Gefühl, beschäftigte ich mich mit dem Pferd, bis es sich wieder normal reiten ließ. Seitdem war mir klar, dass der Wunsch, mit Pferden zu arbeiten, ein Leben lang anhalten würde. Doch dazu fehlte mir noch viel Wissen.

Aber erst einmal etwas „Richtiges“ zu lernen, wäre schon gut, dachte ich und absolvierte mein Studium an der Uni Hamburg. Ich bestand mein Staatsexamen mit Auszeichnung und wurde Lehrerin mit den Fächern Biologie und Technik. Es ist ein schöner Beruf, aber mein Traum, beruflich mit Pferden zu arbeiten, blieb. Ohne Vitamin B und als einzige Reiterin in der Familie war es nicht leicht, mir das nötige Wissen und Können anzueignen.

Genau das war jedoch zwingend nötig, denn mit meinem Lusitano-Mix war ich anfänglich bereits am Boden überfordert. Nachdem ich gelernt hatte, Pferde stressfrei zu verladen, besuchte ich Kurse bei Pat Parelli, Alfonso Aquilar, Horst Becker, Helmut Beck-Broichsitter, Johannes Beck-Broichsitter, Alfons Dietz, Eva Wiemer, Klaus Schöneich, Mike Geitner... Als Philippe Karl 1999 in Grabau war, verpasste ich keinen seiner Vorträge. Sehr gern sah ich Richard Hinrichs und seinen Schülern beim Reiten zu. Dazu kamen Seminare zur Alexandertechnik, Centered Riding, Weidepflege, Hufbearbeitung, Sattelanpassung, Anatomie, Bewegungslehre... immer auf der Suche nach mehr Wissen und Leichtigkeit beim Reiten.

Es folgten Trainer-Scheine bei der FN, und mit Hingabe wurde ich Lehrerin für Reiten als Gesundheits- und Präventionssport, Lehrerin für Feldenkrais und Reiten und Lehrerin für Dualaktivierung. Als ich mit meinem Sohn schwanger war, war es so weit: ich verabschiedete mich aus dem Klassenzimmer und wechselte in die Reithalle. Ich machte meinen Traum wahr und fing an, mein Wissen rund um die Pferde weiter zu geben. Zunächst an Freunde und Bekannte. Da ich durch meinen Beruf gelernt hatte, Lernstoff individuell für jeden verständlich aufzubereiten und ich die Inhalte mit Feuereifer vermittelte, kamen immer mehr Anfragen nach Unterricht, die ich leider nicht bedienen konnte, weil mein Sohn noch zu klein war. Dafür hatten ich und mein Pferd bis zu seiner Rente eine wunderschöne Zeit zusammen in Harmonie und Leichtigkeit.

Als der Kladruber Argento zu mir kam, wurde mir klar, wie viel ich trotz meiner Trainerscheine und der inzwischen stattlichen Lehrbuch-Bibliothek nicht wusste: denn Argento war etwas schwieriger als die Pferde, die ich bis dahin geritten hatte: Durch einen Kutschunfall traumatisiert und auf einem Auge blind (das kannte ich doch schon...) ertrug Argento anfangs weder Sattel noch Reiterschenkel an seinem Körper.

Bei der Suche nach einem Reitlehrer stieß ich auf Corinna und das Team Légèreté e.V.
Ich war begeistert von der gegenseitigen Akzeptanz in diesem Verein. Die Mitglieder haben ganz unterschiedliche Interessenschwerpunkte wie z.B. Zirzensische Lektionen, Horsemenship, Barockpferde... und alle tauschen sich aus und haben auf gemeinsamen Veranstaltungen Spaß miteinander. Ich war zwei Jahre lang 2. Vorsitzende des Team Légèreté e.V. und habe dank Corinna an etlichen Auftritten auf diversen Messen, Turnieren und privaten Veranstaltungen teilgenommen.

Doch eine Sache blieb für mich immer noch ein Fragezeichen: Argento neigte dazu, sein Genick zu tief zu tragen. Er rollte sich dabei etwas ein, legte sich auf die Hand und fand nicht zu einer reellen Dehnungshaltung, was zur Folge hatte, dass alles, was er tat, zu eilig und mit zu kurzen Schritten erfolgte.

In den offiziellen Lehrbüchern heißt es, dass ein guter Sitz und eine ruhige geschmeidige Hand das A und O sind. Beides ist mir in den erfolgreich abgelegten Prüfungen immer wieder bescheinigt worden – doch löste dies das Problem nicht. Ich musste auf dem Pferd also gezielt etwas tun, um die Situation zu verändern - aber was genau? Wie? In welchem Moment? Womit? In welche Richtung? Wie stark?

Ein guter Sitz und damit ruhige Hände sind viel wert, aber lange nicht genug - das zeigte mir dieses Pferd.

Da hatte ich Glück: Argento und ich wurden für die dreijährige Ausbildung bei Philippe Karl angenommen. Bei ihm und seiner Schülerin Nancy Heiber lernte ich wahnsinnig viel. Mit der Zeit sponn sich ein roter Faden zwischen den einzelnen Brocken meines Wissens – alles wurde klar und fügte sich zu einem Ganzen. Entspannt und viel mehr in sich ruhend kann ich mein ehemals übersensibles und ängstliches Pferd nun in eine reelle Dehnungshaltung schicken und ebenso leicht in die relative Aufrichtung bitten, denn Argento hat die dafür nötige Muskulatur aufgebaut. Alte, harte Muskelverspannungen am Unterhals und hinter dem Sattel sind verschwunden, und das Schönste: er geht einen taktklaren, ruhigen Schritt. Das übereilte passartige Gezackel, das man manchmal bei weniger gut gerittenen Barockpferden sehen kann, ist verschwunden.

Am Ende dieser drei Jahre haben Argento und ich im Januar 2010 die Prüfung zur Lehrerin der Schule der Légèreté nach Philippe Karl erfolgreich bestanden.

Damit es hier nicht zu Verwirrungen kommt: Die Schule der Légèreté nach Philippe Karl und der Verein Team Légèreté e.V. haben außer dem Namen „Leichtheit oder Leichtigkeit“, was Légèreté übersetzt bedeutet, erst einmal nichts miteinander zu tun, außer, dass einige Mitglieder des Team Légèreté Unterricht bei lizensierten Ausbildern der Schule der Légèreté nehmen. Einige andere Vereinsmitglieder werden von Corinna Scholz unterrichtet, wieder andere reiten bei wieder anderen Ausbildern, viele helfen sich gegenseitig. Genau diese Vielfalt und Offenheit macht den Verein aus.

Doch zurück zur Prüfung der Schule der Légèreté. Sie bestand aus vier Teilen:

Im ersten Prüfungsteil stellte ich Argento in einer Trainingsstunde vor, die für ihn sinnvoll zusammen gestellt war. Wir zeigten Abkau- und Biegeübungen vom Boden und unter dem Reiter, die Arbeit an der Hand, Biegung und Konterbiegung, Dehnungshaltung, Seitengänge in allen Gangarten, Kontergalopp, Übergänge, Rückwärtsrichten, und, je nach Ausbildungslevel zeigten die Prüflinge das Springen, den fliegenden Wechsel, Piaffe, Passage und Spanischen Schritt. Das alles zu selbst gewählter Musik.

Ein zweiter Prüfungsteil war die Präsentation einer Unterrichtsstunde mit einem eigenen Schüler. Er sollte die gleichen Elemente auf gleichem Niveau zeigen wie wir Ausbilder.

Ein weiterer Prüfungsteil war die Fremdreiterprüfung. Hier sollten wir eine uns fremde Schülerin mit einem uns fremden Pferd unterrichten. Dazu konnten wir dem Pferd-Reiter-Paar eine Weile zuschauen und das Pferd selbst kurz reiten. Dann waren wir aufgefordert, eine Diagnose zu stellen, also zu erklären, worin Pferd und Reiter als nächstes zu schulen sind. Mit präzisen Worten sollten wir der fremden Schülerin erklären, warum und vor allem wie nun vorzugehen ist – das ganze vor dem Hintergrund der Anatomie, der Physiologie, der Psychologie und der Bewegungslehre des Pferdes. Am Ende des Unterrichts sollte eine deutliche Verbesserung der Situation des Paares sichtbar sein.

Der vierte Prüfungsteil war der theoretische. Per Los zogen die Prüflinge ein Thema, über das sie nach einer halbstündigen Vorbereitungszeit referierten. Es galt, einen möglichst klar strukturierten Vortrag von ca. 45 Minuten vor den Zuschauern zu halten und zu zeigen, dass man auch kritische Rückfragen sicher beantworten konnte.

Es war eine anspruchsvolle Prüfung und ich bin sehr froh, dass ich diese drei Jahre Ausbildung erhalten habe.

Wir lernen natürlich weiter, denn ich bin nicht nur von ganzem Herzen gern Reit-Lehrerin, sondern auch gern Schülerin. So habe ich viel Verständnis für die Schwierigkeiten meiner Schüler und deren Knoten im Kopf, der ab und an beim Lernen ja bei jedem einmal auftaucht, und erkläre gern und anschaulich manches auch ein zweites oder auch drittes Mal noch einmal mit anderen Worten.

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